Buchcover: Tom Clancy – Im Zeichen des Drachen
Im Krieg zwischen Russland und China
verliert Tom Clancy sich in Larmoyanz
Titel Im Zeichen des Drachen
(The Bear and the Dragon)
Autor Tom Clancy, USA 2000
aus dem Amerikanischen von Jeannette Böttcher, Sepp Leeb, Michélle Pyka, Michael Windgassen
Verlag Heyne
Ausgabe Gebunden, 1120 Seiten
Genre Thriller, Krieg
Website tomclancy.com
Inhalt

Vor dem Moskauer Kreml wird während der morgendlichen Rushhour ein Zuhälter in seinem Mercedes 600 S ermordet. Die Attentäter haben einen Raketenwerfer benutzt. In unmittelbarer Nähe sitzt der Chef des russischen Geheimdienstes in seiner Limousine – ebenfalls ein Mercedes 600 S. Es stellt sich heraus, dass der Anschlag nicht dem Mafiamitglied und Zuhälter gegolten hat, sondern dem Geheimdienstmann. Und offenbar haben die Chinesen ihre Hand im Spiel.

Im Weißen Haus in Washington kämpft der wieder gewählte Präsident Jack Ryan mit den Tücken seines Jobs, verflucht mindestens dreimal täglich die Grundzüge der Politik, die mit Logik und Vernunft nichts zu tun haben. In Peking versucht eine Handelsdelegation der USA, der chinesischen Führung klar zu machen, dass das Handelsdefizit von 70 Milliarden Dollar jährlich zugunsten der Chinesen nicht hingenommen werden kann. Die Chinesen mauern und beklagen sich statt dessen, dass die USA Taiwan als eigenständige Republik anerkannt haben. Und in Sibirien wurden Öl und Gold in einer Menge gefunden, die den Reichtum der OPEC-Staaten blass erscheinen lassen.

Jack Ryan sieht sich mit einer internationalen Krise allergrößten Ausmaßes konfrontiert, als die Chinesen auf die Idee kommen, ihre Nordgrenze zu Sibirien noch weiter nach Norden zu verschieben, um an Gold und Öl heranzukommen. Wieder einmal steht ein Dritter Weltkrieg vor der Haustür.

Im Klappentext wird dann noch darauf hingewiesen, dass Ryan seinen seinen Freund und Supersoldaten Clark mit seiner RAINBOW-Truppe ins Gefecht schickt. Das ist zwar richtig, spielt aber nur eine untergeordnete Rolle …

Was zu sagen wäre
Im Zeichen des Drachen

Insgesamt gesehen: ein spannender Roman für die Urlaubstage am Strand, der gut und gerne vierhundert Seiten kürzer hätte ausfallen dürfen. „Im Zeichen des Drachen“ liefert, was wir von einem Tom-Clancy-Roman erwarten – blöderweise aber zu viel davon auf einmal. Clancy übertreibt, es wimmelt von Erklärungen wie diesen: „Das Aegis-Radar/Lenkwaffen-System war entwickelt worden, um die Flugzeugträger der Navy vor den Angriffen russischer Flugzeuge und Cruise Missiles zu schützen. Dazu gehörte ein hervorragendes Suchradar namens SPY und eine ganz passable Boden-Luft-Lenkwaffe, die ursprünglich Standard Missile geheißen hatte, weil sie die einzige war, die die Navy hatte. Der Standard-Marschflugkörper hatte sich von SM-1 zum SM-2 entwickelt, der eigentlich SM-2-MR hieß, weil er ein Marschflugkörper mittlerer Reichweite war und kein ER mit extended range oder erhöhter Reichweite, der eine Startstufe hatte, um ihn etwas schneller und weiter aus den Abschussvorrichtungen der Schiffe zu katapultieren. Von diesen ER-Versionen gab es etwa 200 Stück, die in verschiedenen Munitionsdepots für die Atlantik- und die Pazifikflotte bereit lagen, da eine Produktion in vollem Umfang nie genehmigt worden war.

Auch Clancys reaktionäre Haltung allem gegenüber, was nicht US-amerikanisch ist, ist schlimmer geworden. Den Deutschen „liegt das Soldat sein grundsätzlich im Blut“, die Russen säßen ohne die FBI-Unterstützung und Militärunterstützung der USA immer noch auf den Bäumen und China ist das neue Reich des Bösen, regiert von Leuten, die kleine Mädchen entjungfern.

Das nervt ein bisschen. Ebenso wie die Larmoyanz des Präsidenten Ryan, der dauernd über seine schreckliche Situation als Präsident schimpft. Einmal hätte eigentlich gereicht. Diesmal hackt Clancy auch noch ausgiebig auf Hollywood herum, dem die bisherigen Verfilmungen seiner Romane Jagd auf Roter Oktober (1990 mit Alec Baldwin), Die Stunde der Patrioten (1992 mit Harrison Ford) und Das Kartell (1994 mit Harrison Ford) viel zu liberal sind. 2002 rettete Ben Affleck als Jack Ryan in Der Anschlag die Welt vor international agierenden Neo-Nazis, die die arabischen Terroristen aus der Romanvorlage The Sum of all fears ersetzen.

Seit Frühjahr 2014 ist Chris Pine, der Kirk aus der Star-Trek-reloaded-Serie, der nächste Jack Ryan – der Film „Jack Ryan – Shadow Recruit“ basiert aber nicht auf einem genuinen Clancy-Roman.