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Plakatmotiv: Black Rain (1989)

Brutale Menschenjagd in den Kulissen
eines zeitgenössischen Blade-Runner-Sets

Titel Black Rain
(Black Rain)
Drehbuch Craig Bolotin & Warren Lewis
Regie Ridley Scott, USA 1989
Darsteller

Michael Douglas, Andy Garcia, Ken Takakura, Kate Capshaw, Yûsaku Matsuda, Shigeru Kôyama, John Spencer, Guts Ishimatsu, Yûya Uchida, Tomisaburô Wakayama, Miyuki Ono, Luis Guzmán, John Costelloe, Stephen Root, Richard Riehle u.a.

Genre Action, Crime
Filmlänge 125 Minuten
Deutschlandstart
14. Dezember 1989
Inhalt

Nick Conklin ist Bulle in New York. In seinem Job korrupt, gemein, verbittert. Er fasst Sato, einen japanischen Killer, nachdem der gerade in einer Bar mehrere Landsleute aufgeschlitzt hat. Jetzt soll Conklin ihn zusammen mit Partner Charlie nach Osaka überführen – wo Sato prompt entwischt. Conklin hatte sich eine Wäscheliste – voll mit japanischen Schriftzeichen – als offizielles Überführungsdokument vorhalten lassen.

Der New York Cop will den Killer zurück haben. Die japanische Polizei auch, will Conklin aber da raus halten. Also setzt er mit Charlie seine Jagd auf eigene Faust fort und kommt Polizei und japanischer Mafia in die Quere. Charlie wird ermordet.

Nick ist allein in einer fremden Millionenstadt, deren Einwohner seltsamen Ehrenriten folgen und die nicht einmal im Ansatz an etwas erinnert, was Nick kennt. New York scheint dagegen überschaubar …

Was zu sagen wäre

Als die beiden New Yorker Cops im japanischen Osaka einfliegen, zeigt uns Ridley Scott eine in rotes Licht getauchte Luftaufnahme eines städtischen Molochs, der hinter Schornsteinen unter Smog verschwindet. Es sieht aus, als landeten Nick Conklin und Charlie Vincent in der Hölle. Das entspricht dem Zeitgeist. Plakatmotiv: Black Rain (1989) Die USA und Japan sind sich zurzeit nicht grün, denn Japan erlebt eine wirtschaftliche Blütezeit und wächst sich zu einem starken Konkurrenten der US-Wirtschaft aus. Die Hölle, in der die beiden NYPD-Officers landen, strahlt in gleißendem Licht, eleganten Nachtclubs, buntem Neon und – für Fremde – abweisender Kultur. Tatsächlich erinnert das Setting in den Straßen der japanischen Millionenmetropole an die Settings aus Ridley Scotts Blade Runner (1982), dessen Straßenszenen mehr an japanisches Gewusel als an US-amerikanische Großstadt erinnerten.

"Black Rain" verstärkt diesen Eindruck. Die Hauptfigur ist ein Cop aus Manhattan, der sich hier und da einen zusätzlichen Tausender aus einer Razzia in die Tasche steckt. Der das begründet mit immensen Kosten durch Scheidung, Unterhalt, Zahnspangen, Schulgeld und so weiter, und dem wir das abseits aller Moral irgendwie zugestehen. Wie soll das gehen?, fragen wir, wenn wir eine Gesellschaft schützen sollen, deren Lebenshaltungskosten die Beschützer nicht mehr bezahlen können?Diebstahl ist Diebstahl“, sagt unbeeindruckt der japanische Kollege, „da gibt es keine Grauzone!“ Woraufhin Cop Conklin zynisch erwidert, ganz New York sei eine einzige Grauzone. Da merken wir im Kinosessel plötzlich (auch, weil der Cop von dem attraktiven Michael Douglas gespielt wird), in was für einer korrupten, schmierigen Denkweise wir uns eingerichtet haben, wenn wir Polizisten kriminelle Handlungen durchgehen lassen, weil die sich anders nicht mehr zu helfen wissen. Der japanische Assistant Inspector Masahiro Matsumoto, mit dem sich der Amerikaner zunächst ununterbrochen in den Haaren liegt, erscheint da als der weise Philosoph, der sich in den Dienst der Gruppe und sein eigenes Ego hintan stellt. Aber diese japanische, augenscheinliche Edelmoral funktioniert auch nicht, denn um den Schurken dingfest zu machen, braucht es dann doch den „Cowboy“, den American Way of Taking Risks, muss also der moralische Japaner über seinen Schatten ebenso springen, wie zuvor schon der Amerikaner. Ja, der Durch-und-durch-Amerikaner Nick Conklin wird durch seine Erfahrungen in der japanischen Gesellschaft, in der Ehre eine herausgehobene Bedeutung hat, auf den allgemeingültig rechten Pfad zurück geleitet, der im Westen zur Konfettiparade verkommen ist.

Ridley Scott (Der Mann im Hintergrund – 1987; Legende – 1985; Blade Runner – 1982; Alien – 1979; Die Duellisten – 1977) spielt, ja rechnet mit dem Rassismus seiner Zuschauer. Diese fernöstliche Gesellschaft, dieses individuelle Auflösen innerhalb einer Gesellschaft, von der in westlichen Augen nicht klar wird, wo der Rahmen dieser Gesellschaft endet, wir also nicht erkennen, wo die japanische Polizei noch Polizeiarbeit macht und wo die Gesellschaft insgesamt protegiert, lässt uns zusammen mit Nick Conklin extrem fremdeln. Deswegen hat Drehbuchautor Craig Bolotin Nicks Partner Charlie Vincent erfunden, den sein Darsteller Andy Garcia ("Stand and Deliver" – 1988; Die Unbestechlichen – 1987; "8 Millionen Wege zu sterben" – 1986) gemäß eigener Aussagen signifikant mitgestaltet hat. Charlie ist ein offener Charakter, der in dem Japan-Trip ein Abenteuer sieht, bei dem man Kontakte und Freundschaften knüpft, der der Welt grundsätzlich positiv gegenüber steht, ganz anders als der in seiner zynischen Welt gefangene NYPD-Cop Conklin. Beide, Charlie wie Nick, gehen anders aus dem Film als sie reingegangen sind.

Der Film ist ein Cop-Thriller, ein Buddy Movie. Ähnlich wie bei einem Road Movie müssen sich hier zwei suchen und nach allerlei Querelen finden. Plakatmotiv (Fr.): Black Rain (1989) Es sind aber nicht die beiden Amerikaner – der Zyniker und der Hallo wie geht's-Typ –, denen im fernen Japan eine ferne, südostasiatische Moral zum besseren amerikanischen Geist verhelfen. Es sind die USA und Japan selbst, die sich finden sollen. Nick "Leck mich am Arsch" Conklin, dem wir qua Herkunft zuneigen, muss sich gefallen lassen, dass wir aus fernöstlicher Sicht peinliche Schmierlappen sind. Michael Douglas, immer auf der Suche nach Rollen, die anders gestrickt sind (Wall Street – 1987; Eine verhängnisvolle Affäre – 1987; "A Chorus Line" – 1985; Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil – 1985; Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten – 1984; Ein Richter sieht rot – 1983; Das China-Syndrom – 1979; Coma – 1978), spielt mit Wonne den Unsympath, der durchs Fegefeuer geschickt und geläutert wird.

Deutlich wird die Fremdheit zwischen den Polen: Hier der coole Macher, der Hau-drauf-und-Schluss-Amerikaner, dort der im Kollektiv aufgehende, an das System glaubende Asiate. Es prallen zwei unterschiedliche Welten aufeinander. Dem Film wurde Rassismus vorgeworfen und tatsächlich wirken die Abkömmlinge aus dem Reich der Sonne lange Zeit ähnlich fremd und unangenehm wie Aliens: Die Japaner bringen nach Belieben Leute um, die anderen aber, die Amerikaner, lassen sich schmieren und schauen weg. Und dann offenbart sich auch bei den Japanern ein Duopol, ein Alt und ein Neu, wie bei US-Cop Nick Conklin (Alt) und dem US-Latino(!) Charlie Vincent (Neu), das erst die Amerikaner nach Japan getragen haben: Sato, der Schurke im Stück, bringt die fernöstliche Balance aus dem Gleichgewicht, weil der sich nicht mehr an die japanischen Traditionen althergebrachter Exzellenz hält, sondern Exzellenz und gesellschaftlichen Rang mit, wie auch die US-Gesellschaft, wirtschaftlicher Macht gleichsetzt – dem Fetisch des US-Bürgers. Daher rührt auch der Filmtitel: Wie die Atombomben der USA 1945 Japan für immer veränderten und buchstäblich „Schwarzen Regen“ über das Land gebracht haben, so hat der American Way of Life die Traditionen im Land zerstört. „Ich zahle das zurück!“, sagt der – innerhalb seines Kulturkreises – mächtige Oyabun Sugai und will die Welt mit falschen US-Dollarnoten überschwemmen; also das Land des Kapitalismus mit der Kernwaffe des Kapitalismus zerstören, falschem Geld..

Das Bindeglied zwischen beiden Welten spielt Kate Capshaw als blondes Kurzhaar, dem nichts Menschliches mehr femd ist. Wer sie nur als kreischendes Nervbündel im mittlerweile fünf Jahre zurückliegenden Indiana Jones und der Tempel des Todes in Erinnerung hat, wunderte sich über die kühle Präsenz, die Ruhe in die fremde Welt bringt. "Black Rain" spielt in der Grauzone zwischen japanischer Moderne und asiatischer Tradition. Besonders die unterschiedlichen Auffassungen der Yakuza-Bosse Sato und Sugai von Tradition und Ehre verdeutlichen diesen Konflikt.

Wertung: 10 von 10 D-Mark
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