Hildy Johnson ist ein Spitzenreporter bei einer Boulevardzeitung im Chicago der späten 20er Jahre. Den ständigen Stress bei der Arbeit müde, hat er sich entschlossen, den Job hinzuschmeißen, seine Freundin Peggy Grant zu heiraten und beim Bruder seines künftigen Schwiegervaters in der Werbebranche einzusteigen. Sein Chef, der intrigante Herausgeber Walter Burns, ist nicht begeistert davon, sein bestes Pferd im Stall zu verlieren. Er versucht, dies mit allen Mitteln zu verhindern.
Am Tag vor der geplanten Hinrichtung des geisteskranken Earl Williams kommen Reporter der verschiedenen Blätter in den Presseraum des Gerichtsgebäudes, um sich von den Vorbereitungen ein Bild zu machen. Sie vertreiben sich die Zeit mit Kartenspielen, bis Hildy erscheint, der sich von seinen Kollegen gebührend verabschieden möchte. Doch dann kann Earl Williams bei der ärztlichen Abschlussuntersuchung sich einer Waffe bemächtigen und fliehen. Nun sind die Reporter und der Sheriff nicht mehr zu halten, es kommt zu einer turbulenten Verfolgungsjagd. Währenddessen entdeckt Hildy, dass sich Williams noch im Gebäude befindet. Es gelingt ihm, ihn in den inzwischen verwaisten Presseraum zu locken und dort zu befragen.
Mehr und mehr wird Hildy von dem Ablauf der Ereignisse in den Bann gezogen. Nicht zuletzt unter dem Einfluss von Burns entschließt er sich, über diesen Vorfall eine letzte Titelgeschichte zu schreiben. Für Burns reicht das erwartungsgemäß nicht aus. Er bringt nach Abschluss der Story, durch Nötigung – er droht ihm sonst die „ganze Wahrheit“ in seiner Zeitung vor der bevorstehenden Neuwahl zu veröffentlichen – den Bürgermeister dazu, den Zug mit der Verlobten Peggy so lange an der Abfahrt zu hindern, bis er und Hildy mit einer Polizeieskorte am Bahnhof sind. Dort verabschiedet er sich am Zugfenster von dem Liebespaar mit den besten Wünschen und schenkt zum Abschied Hildy noch die Taschenuhr mit der Widmung seines verstorbenen Vaters und Vorgängers als Zeitungsverleger. Als der Zug abgefahren ist, geht er zum Stationsbeamten und fragt diesen, wo der Zug als nächstes hält. Nachdem dieser ihm die Station nennt, befiehlt er ihm die dortige Polizei zu benachrichtigen, dass sie einen Hildebrand Jones aus dem Zug holen sollten, der ihm seine Taschenuhr gestohlen habe …
23 Jahre nach Reporter des Satans macht Billy Wilder wieder einen Film, in dem Reporter im Mittelpunkt stehen und seine Haltung diesem Berufsstand gegenüber hat sich nicht geändert. Gleich in der ersten Szene wird im Gefängnishof der Galgen aufgebaut, als sich ein Reporter über das laute Hämmern der Handwerker beklagt, man habe „hier oben hart zu arbeiten“. Dann macht er das Fenster des Pressezimmers zu und kehrt zum Pokerspiel mit den Kollegen zurück, die ihre Geschichten lieber beim Kollegen abschreiben, als mühselig selbst zu recherchieren.
Eine Komödie aus einer kaputten Gesellschaft. Der Bürgermeister und der Sheriff lassen kurz vor Wahlen Bordelle hochgehen und ein Schreiben des Gouverneurs verschwinden, das eine Hinrichtung aufschiebt, Polizsiten die erst schießen, dann fragen, ein österreichischer Psychater, der einem Delinquenten zuerst mal einen Ödipuskomplex andichtet, mit dem er unter der Schulbank onaniere und ihm dann eine geladene Pistole in die Hand drückt, eine Putzfrau, die gegen Gin Behördengeheimnisse ausplaudert.
Die Reporter sind „eine Bande verrückter Rabulisten mit Haaren und Schuppen auf den Schulten und Löchern in ihrem einzigen Paar Schuhen, die durchs Schlüsselloch spionieren, die um 12 Uhr Mitternacht Leute wecken um sie zu fragen, was sie von Aimee Semple McPherson halten. Die alten Müttern die Fotos ihrer Töchter klauen, die man nachts im Hof vergewaltigt hat. Und wozu? Nur damit Millionen Ladenmiezen und Bürotippsen angenehmer schauern. Und einen Tag später wickelt einer mit dem ganzen Mist eine tote Makrele ein.“
Wilder und sein ewiger Co-Autor I.A.L. Diamond haben dieser insgesamt dritten Verfilmung des Bühnenstücks „The Front Page“ von Ben Hecht und Charles MacArthur mit wunderbaren Dialogen aufgepeppt: „Ich kenne Deine ‘hübschen Abschiedspartys‘. Als Ben Hecht nach Hollywood ging, hast Du ihm ein Schlafmittel in seinen Gin Fizz getan. Wir brauchten vier Mann, um ihn zum Zag nach Kalifornien zu bringen.“ „Und was ist aus ihm geworden? Da sitzt er nun unter seinen gottverdammten Palmen und schreibt Dialoge für Rin-Tintin!“
Der Film lebt von seinen Schauspielern. Jack Lemmon (Rettet den Tiger! – 1973; Avanti, Avanti! – 1972; Nie wieder New York – 1970; Ein seltsames Paar – 1968; Der Glückspilz – 1966; "Das große Rennen um die Welt" – 1965; Das Mädchen Irma La Douce – 1963; Das Appartement – 1960; Manche mögen's heiß – 1959; Spiel mit dem Feuer – 1957), hin- und hergerissen zwischen Frau und Titelseite spielt seinen Part mit der Gelassenheit des erfahrenen Schauspielers, dessen Timing sitzt. Walter Matthau gibt herrlich den cholerischen Chefredakteur; solche Rollen beherrscht er im Schlaf (Erdbeben – 1974; Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123 – 1974; "Massenmord in San Francisco" – 1973; "Der große Coup" – 1973; "Die Kaktusblüte" – 1969; Ein seltsames Paar – 1968; Der Glückspilz – 1966; "Angriffsziel Moskau" – 1964; Charade – 1963; Der Mann aus Kentucky – 1955). Das Lemmon und Matthau sich am Set blind verstehen und sich gegenseitig antreiben, ist seit The Odd Couple beider Markenkern. Das tun sie auch hier. Vincent Gardenia als Bluthochdruck-Sheriff auf der Abschlussliste ist ein Freude.
Die Spiellaune der Schauspieler überdeckt ein wenig die Längen der Inszenierung. 105 Minuten für die eher unterkomplexe Story, die in nur wenigen Räumen spielt, wirken irgendwann länglich, da helfen dann auch die derben Flüche und boshaften Tricksereien von Chefredakteur Burns nicht mehr.
Alles in allem unterhaltsam, schön ausgestattet, lebendig gespielt und ein bisschen böse.
Die Vorlage, das Bühnenstück "Reporter" ("The Front Page") von Ben Hecht und Charles MacArthur, wurde mehrfach verfilmt. Howard Hawks machte aus dem Protagonisten eine Frau und die ganze Geschichte bekam so eine zusätzliche Dimension. Die übrigen Filmversionen sind:
1931: "The Front Page" von Lewis Milestone, mit Adolphe Menjou als Burns und Pat O’Brien als Hildy
1940: Sein Mädchen für besondere Fälle – His Girl Friday vonHoward Hawks, mit Cary Grant und Rosalind Russell
1945: "The Front Page" von Ed Sobol, mit Vinton Hayworth und Matt Crowley
1949: "The Front Page" Fernsehserie mit John Daly und Richard Boone
1970: "The Front Page" Fernsehfilm mit Robert Ryan und Helen Hayes
1974: "Extrablatt" ("The Front Page") von Billy Wilder, mit Walter Matthau als Burns und Jack Lemmon als Hildy
1988: Eine Frau steht ihren Mann ("Switching Channels") von Ted Kotcheff, mit Burt Reynolds und Kathleen Turner als Fernsehreporter
Regisseur Billy Wilder auf der Leinwand
Billy Wilder (* 22. Juni 1906 als Samuel Wilder in Sucha, Galizien, damals Österreich-Ungarn, heute Sucha Beskidzka, Polen; † 27. März 2002 in Los Angeles, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Drehbuchautor, Filmregisseur und Filmproduzent österreichischer Herkunft.
Wilder wirkte stilbildend für die Genres Filmkomödie und -drama. Sein Werk umfasst mehr als 60 Filme, die in einem Zeitraum von über 50 Jahren entstanden sind. Er wurde als Autor, Produzent und Regisseur 21-mal für einen Oscar nominiert und sechsmal ausgezeichnet. Allein bei der Oscarverleihung 1961 wurde er als Produzent, Drehbuchautor und Regisseur für den Film Das Appartement dreifach ausgezeichnet, was bis heute nur insgesamt sieben Regisseuren widerfahren ist.
- Böse Brut (Mauvaise graine, 1934)
- Der Major und das Mädchen (The Major and the Minor, 1942)
- Fünf Gräber bis Kairo (Five Graves to Cairo, 1943)
- Frau ohne Gewissen (Double Indemnity, 1944)
- Das verlorene Wochenende (The Lost Weekend, 1945)
- Die Todesmühlen (Death Mills, 1945)
- Ich küsse Ihre Hand, Madame (The Emperor Waltz, 1948)
- Eine auswärtige Affäre (A Foreign Affair, 1948)
- Boulevard der Dämmerung (Sunset Boulevard, 1950)
- Reporter des Satans (Ace in the Hole, 1951)
- Stalag 17 (1953)
- Sabrina (1954)
- Das verflixte 7. Jahr (The Seven Year Itch, 1955)
- Lindbergh – Mein Flug über den Ozean (The Spirit of St. Louis, 1957)
- Ariane – Liebe am Nachmittag (Love in the Afternoon, 1957)
- Zeugin der Anklage (Witness for the Prosecution, 1957)
- Manche mögen’s heiß (Some Like It Hot, 1959)
- Das Appartement (The Apartment, 1960)
- Eins, Zwei, Drei (One, Two, Three, 1961)
- Das Mädchen Irma la Douce (Irma la Douce, 1963)
- Küss mich, Dummkopf (Kiss Me, Stupid, 1964)
- Der Glückspilz (The Fortune Cookie, 1966)
- Das Privatleben des Sherlock Holmes (The Private Life of Sherlock Holmes, 1970)
- Avanti, Avanti! (Avanti!, 1972)
- Extrablatt (The Front Page, 1974)
- Fedora (1978)
- Buddy Buddy (1981)