Die von den hochentwickelten Kree zur Soldatin ausgebildete Vers stürzt nach einem Kampf im Weltraum auf der Erde ab. Gerade noch hat sie mit der Elite-Einheit Starforce und deren Anführer für die Sicherheit im All gekämpft, nun ist sie allein auf einem fremden Planeten, der ihr dennoch merkwürdig vertraut vorkommt. Denn sie wird von Visionen und Träumen geplagt, die auf ein früheres Leben auf der Erde hindeuten.
Als sie auf den jungen S.H.I.E.L.D.-Agenten Nick Fury trifft, macht sie sich mit diesem daran, das Geheimnis ihrer Herkunft zu entschlüsseln. Sie erzählt Fury von den Kree und ihrem Krieg gegen die Skrulls, eine Gestaltwandler-Rasse, die den Kree herbe Verluste bereitet, und beginnt, ihre Erinnerungen an ihr früheres Leben auf der Erde aufzufrischen. Fury bringt sie in eine geheime Regierungseinrichtung, wo sie im Archiv auf die Pläne von Dr. Lawson stoßen; sie forschte an einem Lichtgeschwindigkeitsantrieb und Vers erkennt in ihr eine Kree, da die Pläne Kree-Glyphen enthalten, die man bislang für den Beweis von Lawsons Verrücktheit hielt. Diese befand sich jedoch im Rahmen eines Undercover-Einsatzes auf der Erde.
Sie erfährt, dass ihr bürgerlicher Name Carol Danvers ist und sie ursprünglich von der Erde stammt. Bei dem Besuch ihrer alten Pilotenkollegin Maria versucht Vers weitere ihrer Erinnerungslücken zu schließen. Viel Zeit bleibt ihr nicht, denn die Skrull haben den Planeten infiltriert.
Ein Spionage-Trupp der außerirdischen Rasse hat sich unter Führung des skrupellosen Talos dank ihrer Gestaltenwandlerfähigkeiten unbemerkt unter die menschliche Bevölkerung gemischt und es scheint, als könne nur Carol die Bedrohung aufhalten …
Superhelden-Geschichten sind meistens Geschichten über eine Identitätssuche. Ist der Held Retter der Welt oder eher doch der freundliche Nachbar von nebenan? Bei Captain Marvel geht die Identitätssuche in die Endlosschleife, da ist der Film ganz bei der Comicvorlage. Dort gab es früher verschiedene Figuren, die mal "Captain Marvel" waren. Im Film nun konzentrieren sich alle auf eine, auf Carol Danvers. Die allerdings zweifelt an sich und ihren Träumen.
Tatsächlich ist sie nicht, wie zunächst angenommen, eine Kree, sondern ein Mensch. Ihre speziellen Kräfte hat sie nicht als Alien, sondern wegen eines Unfalls – wie so oft in Superheldengeschichten, in denen erst ein Unfall die Frage nach der eigenen Identität aufwirft. Und nicht nur über sich wurde sie getäuscht, auch der Gegner wechselt mehrfach das Gesicht; und das liegt nicht daran, dass die Skrulls Gestaltwandler sind. Die Titelheldin kämpft an mehreren Fronten: Sie sucht ihre Identität, sie muss die Sicherheiten in Frage stellen, die sie bisher umgaben. Und sie kämpft gegen Emotionen.
Am Anfang des Films muss Vers, die Kree-Kriegerin, lernen, ihre Emotionen unter Kontrolle zu bekommen, um im Kampf rational kühl zu bestehen und „immer die richtige Entscheidung zu treffen“. Weil ihr das von ihrem Commander Yon-Rogg eingetrichtert wird, dem Jude Law, in den 2000er Jahren mal der erotischste Kinomann, der Frauen (angeblich) passieren konnte (Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen – 2018; King Arthur: Legend of the Sword – 2017; Grand Budapest Hotel – 2014; Side Effects – Tödliche Nebenwirkungen – 2013; Hugo Cabret – 2011; Contagion – 2011; Sherlock Holmes – 2009; 1 Mord für 2 – 2007; Hautnah – 2004; Sky Captain and the World of Tomorrow – 2004; Unterwegs nach Cold Mountain – 2003; Road to Perdition – 2002; A.I.: Künstliche Intelligenz – 2001; Duell – Enemy at the Gates – 2001; Der talentierte Mr. Ripley – 1999; eXistenZ – 1999; Mitternacht im Garten von Gut und Böse – 1997; Gattaca – 1997), sein Gesicht leiht, haben Disneys Marketingstrategen darauf einen feministischen Popanz errichtet, dem der Film nicht gerecht werden kann. Und das auch gar nicht will. Es mag ein filmhistorischer Meilenstein sein, dass mit diesem Film zum ersten Mal eine weibliche Heldin im Mittelpunkt eines Marvel-Films steht. Aber damit, und mit der Tatsache, das Marvels Super-Macho Nick Fury hier die absolut nur zweite Geige hinter Carol Danvers spielt, ist das Thema auch schon erledigt.
Sie scheitert als Mädchen im Go-Cart und steht wieder auf, sie wird als Kind herumgeschubst und wehrt sich, sie stürzt mit dem Fahrrad und steht wieder auf, sie fällt beim militärischen Drill vom Seil und steht wieder auf. Sie steht auf Guns & Roses und will Kampfpilotin werden wie Tom Cruise in Top Gun. Das sind keine weiblichen oder männlichen Reflexe. Das sind – und darauf läuft alles hinaus – menschliche Reflexe. Denn die Schurken sind die, die sich von einer Künstlichen Intelligenz regieren lassen.
Die ideale Welt hat politische Prozesse ausgelagert, in Algorithmen erfasst und einer Obersten Intelligenz anvertraut. Da wird die Welt der Kree uns kurz als Idealvorstellung des sozialen Miteinanders verkauft, aber schnell wundert man sich im Kinosessel, dass diese ideale Welt aus überfüllten S-Bahnen und Kampfhandlungen besteht. Wie anders ist da die Erdgesellschaft, genauer: die US-Gesellschaft, in der die Heldin alsbald strandet. Die strengen Herren Geheimagenten im Film, die wir im realen Leben durchaus als unnachgiebige Streiter wider menschliche Grundrechte kennen, sind hier etwas naive, aber freundliche Herrschaften, die froh sein dürfen, dass die Aliens sie nicht gleich vaporisieren. Es sind eben Menschen, die immerhin für eine schöne Buddy-Movie-Konstruktion sorgen. Der digital 30 Jahre jünger gemachte Samuel L. Jackson als Fury, der noch weit entfernt ist von einem Posten als Chef einer Geheimorganisation namens S.H.I.E.L.D, und Vers/Carol Danvers geben eine wunderbare Hommage an die Buddy-Movies der 1980er, 90er Jahre. Nur, dass sie(!) das Kommando hat. Genau betrachtet erleben wir hier zwei Origin-Stories: Carol Danvers entfacht die Captain-Marvel-Kräfte in sich und Nick Fury die des manipulierenden S.H.I.E.L.D.-Bosses in sich.
Aber so oder so sind es Menschen mit Schwächen, die Fehler machen – die sich auch Carol Danvers leisten wird, um am Ende als Mensch gegen die KI-Krees zu triumphieren. Es ist eine chauvinistische Haltung, die (bislang) erdgebundene menschliche Existenz höher einzuschätzen als eine, die Reisen durchs All ermöglicht, diese aber lediglich zum kriegerischen Akt zu nutzen. Andererseits feiert die Superheldengeschichte, die eine Suche nach Identität ist, die menschliche Identität – mit all ihren Stärken und Schwächen.
Ein unterhaltsamer, facettereicher Comicfilm.
Insgesamt konnte der Film in den ersten Tagen rund 456,3 Millionen US-Dollar weltweit einspielen, was den sechstbesten Filmstart der Kinogeschichte darstellt. Im nordamerikanischen Raum konnte er mit rund 153 Millionen US-Dollar am Startwochenende den drittbesten März-Kinostart aller Zeiten, den zweitbesten Start eines Debütfilms innerhalb des Marvel Cinematic Universe (MCU) und den zu diesem Zeitpunkt besten Start des Jahres markieren. Gleichzeitig sahen sich rund 640.000 Kinobesucher den Film in Deutschland an, wodurch er an die Spitze der deutschen Kino-Charts gelangen und den besten Kinostart eines Debütfilms im MCU verzeichnen konnte.
Vier Jahre später kam die Fortsetzung: The Marvels (2023)
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