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Plakatmotiv: Mogli (2018)
Näher an Rudyard Kiplings Abenteuer
und düsterer in Bild und Geschichte
Titel Mogli
(Mowgli)
Drehbuch Callie Kloves
nach den Dschungelbuch-Geschichten von Rudyard Kipling
Regie Andy Serkis, UK, USA 2018
Genre Abenteuer, Drama
Filmlänge 104 Minuten
Deutschlandstart
7. Dezember 2018 (Netflix)
Inhalt

Der Menschenjunge Mogli wächst in einem Rudel von Wölfen unter der Führung von Akela im Dschungel Indiens auf. Er ist Waise, nachdem seine menschlichen Eltern vom Tiger Shir Khan getötet wurden, als Mogli ein Säugling war. Die oft harten Regeln des Dschungels lehren ihn der Bär Balu und der Panther Baghira. Auch von den meisten anderen Tieren des Dschungels wird Mogli als einer von ihnen akzeptiert. Lediglich einige Jungwölfe aus dem Rudel lehnen ihn ab und bezeichnen ihn als Freak oder Missgeburt, was ihn mit dem kleinen Albinowolf Bhoot verbindet.

Dem Tiger Shir Khan ist Mogli ein Dorn im Auge, er will den Jungen töten. Aber noch genießt Mogli den Schutz des Rudels. Als er jedoch die Dschungelprüfung nicht besteht, die ihm das Recht zur Teilnahme an der nächtlichen Jagd erbringen sollte, und er gegen einige eherne Dschungelgesetze verstößt wie beispielsweise Feuer zur Verteidigung Akelas einzusetzen, als der in seiner Führungsrolle herausgefordert wird, muss Mogli den Dschungel verlassen.

Plakatmotiv (US): Mowgli (2018)Er kommt in ein Menschendorf und gewöhnt sich langsam an das dortige Leben, obwohl er deren Sprache nicht versteht. Als einer seiner Wolfsbrüder ihn bittet, in den Dschungel zurückzukehren, weil das Rudel unter Shir Khans Terror leidet, lehnt Mogli ab, weil er nun zu den Menschen gehöre und seine tierischen Brüder ihn verstoßen hätten.

Im Dorf lebt auch ein englischer Jäger, der von den Bewohnern engagiert wurde, um sie vor dem Tiger zu schützen. Als im Dorf das Frühlingsfest gefeiert wird, zeigt er Mogli seine Jagdtrophäen. Unter diesen ist auch der ausgestopfte Albino Bhoot. Der Anblick zerreißt Mogli das Herz und ihm wird klar, dass er nicht zu den Menschen, sondern in den Dschungel gehört …

Was zu sagen wäre

Tomorrow the Tiger dies!“, sagt Mogli mit entschlossenem Blick. Es gibt so Momente bei Filmen, die sind einfach … Hach … groß! Dieser, gegen Ende des Films, ist so einer. In diesem Moment erhebt sich der über Jahre im Wolfsrudel sozialisierte Junge über seine Erziehung, über die Regeln und trifft! Eine! Entscheidung!

Zwei Jahre, nachdem die Disney-Studios ihren Realfilm The Jungle Book veröffentlichten, präsentiert Andy Serkis, Motion-Capture-Großmeister bereits eine neue Version, diesmal näher an den Geschichten Rudyard Kiplings. Die bekannten Stationen sind enthalten – das Wolfsrudel, Bagheera als Großer Bruder, Balu als eine Art freundlicher Drill-Instruktor, Shir Khan als die Nemesis des Dschungels und seiner Gesetze, Kaa als die Weise dieser Welt. Nur die Affen werden eher gestreift, denn als Thema eingebaut. Dafür erhalten die Menschen sehr viel mehr Raum, als die Meisten von uns das bisher kannten.

Unter Andy Serkis Regie ist der Menschensohn Mogli The Chosen One, der auserwählte, dem es obliegt, Dschungel und Menschensiedlung friedlich zusammenzubringen. Das wird er tun. Und er wird es nach den ehernen Gesetzen des Dschungels tun, auch wenn dafür schmerzhafter Blutzoll zu entrichten ist. Es gibt die Figur des Großwildjägers, der der Dorfgemeinschaft verspricht, „den Tiger“ zu erlegen. Er ist ein freundlicher, geduldig warmherziger Mann mit Vollbart – innerhalb der Menschengemeinde. Aber aus der Sicht des Dschungels, die Moglis Sicht ist, hat er dem Leittier der Elefanten einen Stoßzahn geraubt, hat er Tiere einfach zum Spaß gejagt, um sie auszustopfen; ihm fällt auch der Albinowolf Bhoot zum Opfer, den Mogli nach einem hässlichen Streit aus den Augen verloren hatte und der, ähnlich wie er selbst, immer ein Außenseiter im Rudel war.

Serkis erzählt also die Geschichte, wie der Menschensohn zwei Welten, die bisher strikt getrennt lebten, vereint. Er stolpert auf hohem Niveau. Serkis war Gollum, war King Kong, war Caesar aus der neuen Planet der Affen-Serie; er kennt sich aus mit den Tücken des Motion Capture. Was dazu führt, dass die Tiere in seinem Film zu gut animiert sind. Ich sehe dauernd die Synchron-Schauspieler in den Gesichtern der Tiere. Nicht, dass ich Christian Bale in Bagheera wirklich erkenne, Benedict Cumberbatch in Shir Khan oder Cate Blanchett in Kaa, aber ich erkenne, dass alle keine echten Tiere sind. Das drückt die Freude am Bild, ein bisschen.

Dafür aber hat Kaa hier eine – schon wieder, nach Disneys bezauberndem Kaa-Intermezzo – wunderbare Rolle als das Orakel des Dschungels. Die Python ist nicht mehr gefräßig wie in den früheren Filmversionen. Sie ist diejenige, die den Dschungel zusammenhält, weil sie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft lesen kann, und sie hat zwei verdammt beeindruckende Auftritte. Das kann man auch von Rohan Chand sagen, der als Mogli den schwersten Part zu bewältigen hat. Er passt perfekt in diese als Heldenreise inszenierte Version des Kipling'schen Jungle Book: erst ein schmächtiger Junge, dann der charismatische Anführer. Als er Bhoot, seinen besten Freund, ausgestopft beim Großwildjäger wiederfindet, bleibt die Kamera lange auf dem Gesicht des Jungen und beobachtet, wie der langsam und dann stetig sich in Tränen auflöst.

Plakatmotiv: Mogli (2018)Ein Film, um Gänsehaut zu erzeugen. Und definitiv kein lustig bunter Kindergeburtstag. Diese Mogli-Version ist für Kinder nicht unbedingt erste Wahl – es ist düster, brutal und, Auge um Auge, mit Todesfällen, die gerechtfertigt sind, ohne dass man das diskutieren müsste. Shir Khans Ende ist dabei noch das harmloseste, wenn auch beeindruckenste. In dieses mischt sich der Großwildjäger mit seinem Gewehr. Und als er zum ersten Mal schießt, betäubt der ungewohnte Knall fast Moglis Sinne. Als er das zweite Mal schießt, trifft er Mogli statt des Tigers. Das entspricht offensichtlich nicht den Gesetzen des Dschungels, macht die Dramatik aber umso greifbarer – zumal der alte Elefant sich während der Schüsse seinem ehemaligen Peiniger nähert.

Die beeindruckendste Szene des Films spielt unter Wasser: Mogli versteckt sich im Schilfgras unter der Wasseroberfläche und wir sehen aus seiner sicht, wie oben sein blutverschmiertes Maul zum Trinken ins Wasser streckt, das sich rot verfärbt – eine intensive Einstellung. Auch diese Szene ist für einen fröhlichen Familiennachmittag im Kino kaum geeignet. Andy Serks wird sich um die Marketingmöglichkeiten des Films wenig Gedfanken gemacht haben; er wollte einen spannenden, plausiblen Film drehen – eben auch mit einem Balu, der so gar nicht gemütlich aussieht, dessen Fell schmutzig, dessen Gesicht voller Narben ist, ganz so aussieht wie ein Bär, der im Leben einige Kämpfe hatte. Das Studio Warner Bros. hat Serkis Film unvermittelt vor ein Problem gestellt: Wie verkauft man diesen Film einem Publikum, das bei dem NAmen „Moggli“ gleich an „Dschungelbuch“ und tanzende Affen denkt? Gar nicht!

Nachdem der Film ursprünglich am 6. Oktober 2017 in die Kinos kommen sollte, wurde der Kinostart im April 2016 von Warner Bros. um ein Jahr auf den 19. Oktober 2018 verschoben. Zur gleichen Zeit wurde der offizielle Titel „Jungle Book“ bekannt gegeben, womit er kaum zu unterscheiden war von Jon Favreaus Filmadaption The Jungle Book. Im Mai 2018 wurde der erste Trailer mit dem neuen Titel „Mogli“ veröffentlicht. Am 25. Oktober 2018 sollte der Film in die deutschen Kinos kommen. Der Streaminganbieter Netflix sicherte sich im Juli 2018 die Auswertungsrechte und fügte den Untertitel Legende des Dschungels hinzu. Mit dem Wechsel zu Netflix wurde der deutsche Kinostart abgesagt. Die internationale Veröffentlichung auf Netflix erfolgte am 7. Dezember 2018. Die Weltpremiere erfolgte am 25. November 2018 in Mumbai.

Wertung: 6 von 8 €uro
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