England im Sommer 1935: Inmitten der Vorboten des Zweiten Weltkrieges lebt die 13-jährige Briony Tallis mit ihrer Familie in einem weitläufigen und prächtigen viktorianischen Anwesen ein privilegiertes Leben im Luxus. Als die weitverzweigte Familie für das Wochenende zusammenkommt, entsteht durch das Zusammenspiel aus schwüler Sommerhitze und lange unterdrückten Gefühlen und Sehnsüchten eine zunächst spielerisch-erotische, dann aber immer deutlicher sexuell aufgeladene Stimmung.
Das phantasiebegabte Mädchen Briony beobachtet eine heftige Liebesszene zwischen ihrer älteren Schwester Cecilia und Robbie Turner, dem attraktiven Sohn des Hausverwalters – und missversteht sie. Als Stunden später eine ihrer minderjährigen Cousinen das Opfer einer Vergewaltigung wird, schwört Briony, sie habe Robbie am Tatort gesehen.
Noch in derselben Nacht wird der Beschuldigte verhaftet und vor die Wahl gestellt: Gefängnis oder Krieg. Robbie wählt das Schlachtfeld und kommt an die Westfront nach Dünkirchen im Nordosten Frankreichs. Während Cecilia einsam in England zurückbleibt, wird Briony mit den Jahren klar, welchen Fehler sie gemacht hat. Sie schmeißt ihre Studienpläne und geht als Krankenschwester in die Lazerette des Krieges. Auf diese Weise will sie Sühne leisten für das, was sie ihrer Schwester angetan hat.
Aber Vergebung funktioniert nicht auf so einfache Weise …
Klassischer Fall von „Saugut gemacht, aber keine stringente Story”. Joe Wright liefert Bilder für die Ewigkeit, kluge Montagen, sentimentale Stimmungen; einmal raucht Robbie im Grauen der aufgehenden Sonne … das ist besinnungslos schön und endet Momente später mit Bildern surrealer Kriegsexzesse. Aber die damit erzählte Geschichte ist nicht stark genug, um über diese Bilder abzuheben – aber Film funktioniert nur, wenn die Geschichte ein gewisses Gewicht hat.
Die Schrecken eines Krieges und das lebenslange Unvermögen für eine Sühne sind für sich genommen starke Topoi, aber da hat das erste Drittel des Films den Film schon verspielt. Das Leben auf dem Landsitz bleibt ein schöner Bilderreigen, in dem ich fasziniert dem Wahn der 13-jährigen Saoirse Ronan zusehe. Im Rythmus einer Schreibmaschine (die auf der Tonspur des Films klackert) drängt Eingebildetes ins Hirn und überlagert die gesehene Wirklichkeit, verwandelt Realität in ein Opfer kindlich-pubertierender Phantasie. Aber ich fasse keine Beziehung zu den Figuren. Das geschieht erst viel später, aber da ist es zu spät.
Sounddesign, Soundtrack, Bilder, eine phantastische Plansequenz am Strand von Dünkirchen, gute Schauspieler … Joe Wright (Stolz und Vorurteil – 2005) beweist sich als Handwerker, der seine Werkzeuge beherrscht; aber zu verliebt ist, um seiner Geschichte an den wichtigen Stellen des Films die Vorfahrt zu lassen. Ganz ohne Regiemäzchen. Es bleibt der Eindruck: Tolle Bilder, die eine dünne Sühne-Story erdrücken.